Page 11 - Flugzeugabsturz_Obermeiser
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Ein Nachtjäger der Luftwaffe taucht auf und attackiert die beschädigte Lancaster. Sie verliert an Höhe und
          Geschwindigkeit, ist aber weiter flugfähig und versucht qualmend in westlicher Richtung zu entkommen.

          Harald Leck aus Obermeiser ist 1943 ein Schuljunge. Die Erinnerung an diese Nacht und an den darauf folgenden
          Tag hat sich bei ihm unlöschbar eingebrannt:

          Harald erzählt, dass er am Abend des Luftangriffs zusammen mit seinem älteren Bruder Ewald, mit Heinz
          Bringmann  und  Heinz  Himmelmann  auf  der  Kreuzung  vor  dem  Gasthaus  Himmelmann  gestanden  habe.
          Eigentlich sei ihnen aufgetragen worden, in einen Splittergraben (als Bunkerersatz) zu steigen, der sich hinter
          dem Haus von Familie Schwarz (Schwarz-Schnieder) befunden hat.

          Die Jungen hatten jedoch Bedenken in dem engen und nach oben offenen Graben gefangen zu sein und blieben
          daher im Freien. In der Endphase der Bombardierung haben sie das Flugzeug aus Richtung Kassel kommend
          am Himmel deutlich sehen können. Harald sagt, er habe erkennen können, dass die Maschine qualmte bzw.
          brannte und nur langsam fliegen konnte. Kurze Zeit später habe man am Horizont rote Leuchtkugeln gesehen.

          Diese seien offenbar das Signal dafür gewesen, dass die Flak aufhören sollte zu schießen. Nach seinen Angaben
          sind unmittelbar danach zwei deutsche Jagdflugzeuge am Himmel aufgetaucht, die den Bomber angriffen.

          Harald meinte, dass diese Maschinen evtl. von dem Flugplatz am Schachter Triesch (dort befand sich ein kleiner
          Stützpunkt mit Graspiste) aufgestiegen seien.

          Eine der Maschinen habe mit Leuchtspurgeschossen auf den beschädigten Bomber gefeuert. Harald sagt, er habe
          den Eindruck gehabt, die Jäger hätten versucht, den Bomber immer tiefer herunterzudrücken.

          Am Nachthimmel sei dann deutlich zu sehen gewesen, dass sich zwei Fallschirme von dem Flugzeug lösten. Wohin
          diese  getrieben  wurden,  konnten  die  Jungen  jedoch  nicht  mehr  erkennen.  Harald  berichtet  ausserdem,  der
          Flieger in Laar sei angeblich mit Beinbruch verletzt gewesen.

          Was  mit  der  zweiten  Person  geschehen  ist,  sei  ihm  nicht  bekannt.  Er  bestätigt  aber  ebenfalls,  dass  an  der
          Steinernen Brücke ein Fallschirm gelegen habe. Am nächsten Tag seien die Jungen der Klasse zusammen mit
          dem Lehrer Kurz an der Absturzstelle gewesen. Harald bezweifelt, dass es sich um einen klassischen Absturz
          gehandelt habe.

          Offenbar sei versucht worden, die Maschine auf dem Bauch aufzusetzen. Man habe deutlich Spuren gesehen, die
          auf ein Rutschen oder Gleiten des Wracks auf der Wiese gedeutet hätten.

          Er habe auch beobachtet, dass nicht der gesamte Treibstoff verbrannt war. Einige Lachen hätten sich in die
          vorhandenen  Mäuselöcher  auf  der  Wiese  ergossen  und  dort  weitergebrannt.  Der  mit  dem  Fallschirm
          abgesprungene Flieger war nach seiner Einschätzung nicht der eigentliche Pilot.

          Am Wrack angekommen, meint Harald gesehen zu haben, dass die beiden Piloten bzw. die Personen, die im
          Cockpit vorn gesessen haben, immer noch in ihren Sitzen angeschnallt und stark verkohlt waren. Deutsches
          Militär, nach Haralds Ansicht Angehörige der SS, habe die verkohlten Leichen mit langen Haken von ihren Sitzen
          gezogen.

          Harald berichtet weiterhin, dass Moritz Hold, der Großvater von Reinhard Hold, noch in der Nacht mit seiner
          Schrotflinte zu dem Wrack aufgebrochen sei. Vor dem Wald sei allerdings schon deutsches  Militär gewesen. Um
          ein  Haar  sei  auf  ihn  geschossen  worden,  weil  man  ihn  für  einen  Gegner  gehalten  haben  habe.



          Die  Avro  Lancaster  mit  Kennung  ED366  AS  -  C   kommt  nach  einer  Bruchlandung  um  22:30  Uhr  (Angabe
          Bürgermeister  Reinhardt)  nördlich  vom  Oppermannsberg,  einem  rechteckigen  einzelnen  kleinen  Waldstück
          zwischen Obermeiser und Westuffeln, zum Liegen.

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