Page 2 - Flugzeugabsturz_Obermeiser
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Die waren nun doppelt in Aufregung. Drei Wagen mussten Erde fahren, eine Sperre
               sollte mitten ins Dorf bei die Brücke und die andere in die tiefe Trift nach Hohenborn
               zu. Vater musste auch fahren, er meinte, er werde schon so fahren, dass nicht zuviel
               Erde ins Dorf käme. Ich bin sonst nicht gerade faul, doch an dem Tage habe ich’s
               fertiggebracht, nicht eine Schaufel voll Erde aufzuladen. Rechts und links der Straße
               wurden metertiefe Löcher gemacht und ein Teil der Männer musste in den Wald zum
               Bäume fällen. So waren am Abend zwei große Haufen Erde angefahren und Löcher
               gemacht. Von Ferne hörten wir immer das Geschieße der Front. An dem Abend sind
               wir alle mit Kleidern ins Bett gegangen, um bei Gefahr gleich fertig zu sein.

               Nun  kam  der  Karfreitag.  Es  war nichts  von  einer  Ruhe  und  dem  stillen  Freitag  zu
               merken.  Am  frühen  Morgan  kamen  aus  dem  Bruchweg  hunderte  von  14  und
               15jährigen  Jungen, die  von  den  Deutschen  zurückgeführt  wurden.  Alle  waren  vom
               vielem Laufen müde und abgespannt, es war ein Bild des Jammers. Pferdekolonnen
               fuhren zur Niedermeiserstraße rein und über all‘ dem waren Tiefflieger. (…)

               Mittags wurde dann im Dorf erzählt, dass die amerikanischen Panzer von Ober- nach
               Niederlistingen und von da nach Ersen gefahren seien. Kurze Zeit darauf rückten auch
               unsere Soldaten mit ihren Pferden im Galopp ab. Abends um 4 Uhr gab’s einen Tumult,
               da war ein amerikanischer Spähwagen mit zwei Mann besetzt durchs Dorf gefahren
               und später auch wieder zurück. Jetzt herrschte Totenstille auf der Straße, nach dem
               Gefahre der letzten Tage wirkte das beängstigend. Wieder kam eine lange Nacht und
               dann hatten wir Ostern. Es war dies das traurigste Ostern, das ich erlebt habe, überall
               hörten wir das Schießen von Maschinengewehren. Im Ringelsbuch und Rammelsberg
               hörten  wir‘s  schießen.  Da  kamen  zwei  Motorräder  und  ein  Auto  mit  deutschen
               Soldaten, die das Gelände erkundeten. Hier im Dorf wurde ihnen von den Männern
               gesagt, dass im Wald der Amerikaner schon liegt. Trotzdem fuhren sie den Berg hoch.
               Es  dauerte  auch  nicht  lange,  da  wurden  sie  beschossen  und  kamen  zurück,  den
               ganzen  Tag  hörten  wir  mal  näher,  mal  ferner  das  Schießen.  Mittags  wurde
               ausgeschellt, dass bei Himmelmanns im Schuhlager verkauft wird, na, da gab’s dann
               darum ein großes Gerenne. Käti und Vater haben sich auch Schuhe geholt. Um 11
               Uhr war hier in der Kirche die Konfirmation. Die Kinder werden diesen Tag auch sicher
               im Leben nicht vergessen. (…)

               Am  anderen  Tag  waren  wir  alle  damit  beschäftigt,  das  Stroh  vom  Hausboden  zu
               entfernen, um das Haus vor schnellem Brennen zu schützen. Als wir einen Wagen
               abgeladen hatten und wieder in die Scheune fuhren, kamen acht deutsche Soldaten
               mit Panzerfäusten, Maschinenpistolen und sonstigem Kram an den Häusern entlang
               geschlichen, um den Kampf aufzunehmen. Was habe ich Angst gekriegt, als ich die
               sah. An jeder Hausecke standen sie und guckten. Als sie grad‘ über die Brücke liefen,
               kam zu allem Unglück ein amerikanischer Panzer aus dem Bruchweg, er hatte die
               Soldaten gesehen und schon ging das Geschieße los, wir konnten gar nicht schnell
               genug von der Straße kommen. Die Soldaten waren zu Wittens Hof rein geflüchtet.

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